PREMIERE „Les Vêpres Siciliennes“

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Besuch in der Deutschen Oper Berlin am 20. März 2022

Weitere Vorstellungen: 26., 31. März und 3. April, sowie 16., 19. und 25. Juni 2022 (In französischer Sprache mit dtsch. und engl. Übertiteln 3 Std 45 Min, eine Pause)

Oper in fünf Akten
Libretto von Eugène Scribe und Charles Duveyrier
Uraufführung am 13. Juni 1855 am Théâtre Impérial de L’Opéra Paris im Rahmen der Pariser Weltausstellung

Musikalische Leitung: Enrique Mazzola / Inszenierung: Olivier Py / Bühne, Kostüme: Pierre-André Weitz / Licht: Bertrand Killy / Chöre: Jeremy Bines / Dramaturgie: Jörg Königsdorf

Premierenbesetzung:
Hélène Hulkar Sabirova / Ninetta Gina Perregrino / Henri Piero Pretti / Guy de Montfort Thomas Lehman / Jean de Procida Roberto Tagliavini / Thibault Michael Kim …u.w.

Orchester Orchester der Deutschen Oper Berlin /
Chöre Chor der Deutschen Oper Berlin /
Ballette Opernballett der Deutschen Oper Berlin

Zum Inhalt

„Einen großartigen, leidenschaftlichen und originellen Stoff“ verlangte Verdi für die erste Oper, die er für die Pariser Opéra schreiben sollte. Was ihm der Starautor Eugène Scribe schließlich lieferte, war darüber hinaus ein Libretto von ähnlicher politischer Brisanz wie die Texte der Grand opéras Giacomo Meyerbeers, mit dem Scribe zuvor für LES HUGUENOTS und LE PROPHETE zusammengearbeitet hatte. Denn wie diese behandelte LES VÊPRES SICILIENNES ein Thema, das zwar vordergründig historisch, zugleich aber auch hoch aktuell war. Der unter dem Titel „Sizilianische Vesper“ bekannte Aufstand der Sizilianer gegen ihre französischen Besatzer 1282 ließ sich ohne weiteres mit dem prominentesten Expansionsprojekt Frankreichs um die Mitte des 19. Jahrhunderts kurzschließen: der 1830 begonnenen Eroberung und Kolonialisierung Algeriens, die gleichfalls von kontinuierlichen, blutig niedergeschlagenen Aufständen begleitet war…..“ [Deutsche Oper Berlin]

„An der Deutschen Oper Berlin wird das Werk, das lange im Schatten der anderen großen Verdi-Opern stand, nicht in der lange Zeit üblichen italienischen Adaption, sondern in der französischen Urfassung von 1855 aufgeführt. Am Pult steht der Erste Gastdirigent der Deutschen Oper Berlin, Enrique Mazzola, der bereits für seine Dirigate von Meyerbeers LE PROPHETE, VASCO DA GAMA und DINORAH enthusiastisch gefeiert wurde.“[Deutsche Oper Berlin]

Besuchsbericht:

copyright © Pretti-Sabirova

Eine Fülle von Angeboten für die Liebhaber schöner Stimmen. Mehrere und immer wieder Beifallsbekundungen und Bravorufe in offener Scene. Das war eine Oper für die Freunde der Musik und des Belcantos, sie wurden voll zufrieden gestellt. Was das Libretto und den gesamten Ablauf der Oper betrifft, so schien es doch etwas zu viel, was Verdi da den Besucher zumutet. Eine Geschichte von Unterdrückung und Revolution und dazu eine verzwickte Geschichte von Vater und Sohn, die durch die politischen Verhältnisse in das jeweilige gegnerische Lager landen und zum Schluss keinen Ausweg finden. Die Geschichte geht ihren Lauf und die Oper endet mit einem politisch begründeten Massenmord an den Unterdrückern.

copyright © Sabirova-Lehman

Im Libretto überwiegt die Anzahl der Racheschwüre über die der Liebesbekundungen. Es sollte doch eine fesselnde Historie werden, die von den schönen Stimmen lebt und Scribe (für das Libretto) hat mit dem Einverständnis von Verdi (für die Musik) daraus ein unentwirrbares Kriegs- und Schicksalsstück gemacht. Die Musik zeigt auch nicht so recht den Klang, den man von Verdi kennt.
Das Bühnenbild lebt exzessiv vom Einsatz der großen Drehbühne, auf der im Wechsel intime Räume mit einer Stadtansicht, bestimmt nicht Palermo, einem Theaterprospekt mit Zuschauerlogen, Plätze für Massen an Demonstranten und einer Kaserne eingeschoben werden. In der Masse der Eindrücke erschließt sich auch nicht in die fast vier-stündigen Dauer der genaue und logische Zusammenhang der Oper. Man nimmt das hin, denkt auch an aktuelle Kriege und genießt die schönen Stimmen. Trotzdem, insgesamt einen schönen Abend für den Besucher, für den Streit zwischen Verdi und Scribe kann der Opernliebhaber ja nichts.

Peter Dahms [OpernInfo-Berlin]

Titelfoto © SabirovaTagliaviniLehman.
Andere Fotos © siehe dort.