TanzPlattform 2022 „Damaged Goods“ CASCADE

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Besuch in der „Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz“ am 19-03-2022

„In CASCADE suchen Meg Stuart und sieben Tänzer:innen nach einem Halt im Strom der Zeit. Dafür geben sie sich der Schwerkraft hin und versuchen, Vergänglichkeit und Linearität zu überwinden. In einem kosmischen Bühnenraum geraten die Körper in Schieflagen, halten aneinander fest, wandeln auf unebenem Boden und verlieren die Orientierung. Komplexe rhythmische Strukturen bergen das Versprechen einer neuen Zeit, die auf der Kippe steht. In einem Spiel aus Verweigerung und Fürsorge wird die Unterbrechung zur treibenden Kraft: welche Träume müssen wir hinter uns lassen? “CASCADE” erweckt eine körperliche und mentale Hingabe an die Ungewissheit: ein freier Fall im Zerfall der Zeit.“
[TanzPlattform-Ankündigung]

Choreografie: Meg Stuart / Entwicklung mit & Performance: Pieter Ampe, Jayson Batut, Mor Demer, Davis Freeman, Marcio Kerber Canabarro, Renan Martins de Oliveira, Isabela Fernandes Santana / Bühnenbild & Lichtdesign: Philippe Quesne / Dramaturgie: Igor Igor Dobričci / Musikkomposition: Brendan Dougherty / Live-Musik: Philipp Danzeisen & Ruben Orio / Kostüme: Aino Laberenz / Kostümassistenz: Gabi Bartels / Text: Tim Etchells / Damaged Goods / Assistenz Bühnenbild: Elodie Dauguet / Assistenz Kostüme: Patty Eggerickx / Assistenz Entwicklung: Ana Rocha / Technische Leitung: Jitske Vandenbussche / Assistenz der technischen Leitung: Tom De Langhe / Licht: Nico de Rooij / Sounddesign: Vagelis Tsatsis / Bühne: Kevin Strik / Produktionsleitung: Delphine Vincent, Ana Rocha, Eline Verzelen

Besuchsbericht:

Den Hintergrund der Bühne bilden Vorhänge mit Bildern des Sternenhimmels mit der Darstellung der Tiefe und der Weite des kosmischen Raumes, der zum Ende der Vorstellung heruntergerissen wird und die Leere dahinter zeigt. Davor befinden sich zwei übergroße Luftkissen und daneben eine steil aufragende Rampe. Beide Installationen sollen Metaphern für die Basis des Lebens und der Kultur des Menschen darstellen und werden im Laufe der Vorstellung lebhaft bespielt. Dazu sind am vorderen Rand der Bühne die Instrumente für die musikalische Unterstreichung der Handlung aufgebaut.

copyright © Martin Argyroglo

Die Handlung beginnt und es entsteigen die handelnden Tänzer mühsam der Unbeständigkeit und der Unsicherheit des Daseins, symbolisiert durch die Unsicherheit des Standpunkts und der Bewegung auf den Luftkissen. Sie können aber auch auf der Rampe daneben in ungeahnte Höhen des Lebens aufsteigen, was aber auch die Realität des freien Falls aus dieser Höhe beinhaltet. Was wieder ebenso unsicher ist wie auf dem schwankenden Boden des Luftkissens.
Das Leben ist so! Der Mensch bewegt sich darin und wird ständig getrieben oder er erstarrt in Untätigkeit, alles in ständigen Wechsel. Getrieben wird er und gesteigert wird dieser Ablauf durch die Perkussion der Musikinstrumente, während diese hektischen Bewegungen wiederum in Erschöpfung mit absoluter Starre führen. Das alles in ständigen Wechsel.

copyright © Martin Argyroglo

„Cascade“ zeigt damit das menschliche Erleben der Zeit, ohne einen Augenblick des gedanklichen Innehaltens oder einer wirklichen Entspannung. Zum Schluss wird das ganze künstliche Gebilde zerrissen und zeigt dahinter die Leere und das Unverständnis für die Regeln des Daseins.
Meg Stuart hat mit dieser Abschlussaufführung ein großes Gemälde des menschlichen Daseins vorgestellt und mit Kreativität und Ironie an Selbstverständlichkeiten gerüttelt.

[Peter Dahms / TanzInfo-Berlin.de]

Alle Fotos: copyright © Martin Argyroglo