„Der lange Weg zum Internet“

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Matthias Röhr
Computer als Kommunikationsmedien zwischen Gegenkultur und Industriepolitik in den 1970er/1980er Jahren

Erschienen beim transcript-Verlag, in der Reihe „Histoire“ als Band 193 im September 2021

ISBN 978-3-8376-5930-6
E-Book: PDF: ISBN 978-3-8394-5930-0

Matthias Röhr, geb. 1983, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich »Medien der Kooperation« der Universität Siegen, wo er zur Zeitgeschichte der Digitalisierung forscht.


REZENSION:

Das Buch folgt der Entwicklung der Kommunikations- und der Computertechniken von ihren voneinander unabhängigen Ursprüngen, über ihre Zusammenführung, bis zur gemeinsamen Entwicklung der heutigen allumfassenden Technik des Internets. Analysiert werden ihre Ursprünge in den besonderen, einzelnen, wirtschaftlich voneinander unabhängigen Industrien in den USA, zur gemeinsamen Entwicklung des weltweiten Mediums der Kommunikation in der Form des Internets. Die besonderen wirtschaftlichen und administrativen Verhältnisse in Deutschland verzögern, aber können die endgültige Zusammenführung auch hier nicht aufhalten.
Das Buch ist dem zeitlichen Ablauf entsprechend in drei Hauptkapitel strukturiert, der Entwicklung in den USA, der Entwicklung in Deutschland und Europa, bis zum heutigen Stand des Internets mit allen seinen Techniken, Programmen und Teilnehmern.

Der Teil I befasst sich mit den Anfängen von Telekommunikation und Computertechnik in den USA. Der Auseinandersetzung der Computerindustrie und der Telekommunikationskonzerne aus den separaten Anfängen, über die Zerschlagung der Monopole zur gemeinsamen Weiterentwicklung von neuen Techniken und deren Vermarktung und der Verbreitung in technikfixierten Gruppen von ‚Hackern‘ und ‚Nerds‘ bis zur Liberalisierung und damit der umfassenden Verbindung von den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen in den US und dann weltweit.

Der Teil II befasst sich mit der ähnlich verlaufenden Entwicklung in Deutschland und Europa. Mit der Auseinandersetzung und mit den politischen Vorgaben, dem Telefonmonopol der Post und dessen Verteidigung und dabei einer Einschränkung oder Fehlleitung und Fehlentwicklung der gesamten Informationstechnik in Deutschland und Europa bis zur Liberalisierung des Bereiches und dem Siegeszug der Computertechnik als Grundlage der allumfassenden Kommunikationstechnik

Der Teil III führt in die Entwicklung zu den heutigen Techniken der weltumspannenden, zeitgleichen Kommunikation ein. Von der Auflösung des Telefonmonopol der Deutschen Post über den technischen, „zivilen Ungehorsam“ bis zur Liberalisierung und damit zum Siegeszug der freien Kommunikation mit allen erreichbaren, technischen Mitteln der Kommunikation auch in Deutschland und Europa

Der Aufbau des Buches ist systematisch mit einem umfangreichen Quellennachweis versehen, flüssig und informativ, in hoher Informationsdichte geschrieben und bildet damit ein umfassendes Bild der technischen, der kommunikativen und der gesellschaftlichen Entwicklung einer Technik, die heute unsere gesamte Gesellschaft durchzieht und uns mit der gesamten Welt verbindet.

Das Buch ist trotz oder wegen des umfangreichen Gehalts an Informationen und tiefgehenden Analysen sowie der Beschreibung der Abhängigkeiten der verwendeten Techniken untereinander, genauso wie mit den Hinweisen auf die Verbindungen zu Politik und Industrie gut lesbar und damit von hohem Wert nicht nur als große Erzählung, so auch bis in die Tiefe gehende Beschreibung und Information als Grundlagenwerk für den ganzen Bereich ohne Einschränkungen nutzbar und zitierbar.

Peter Dahms [www.Dahms-Projekt.de/wordpress]


… aus der Verlagsankündigung:

Vernetzte Computer sind das wichtigste Kommunikationsmedium unserer Zeit. Die Verschmelzung von Datenverarbeitung und Telekommunikation war allerdings kein gradliniger Prozess. Das neuartige »Medium Computer« entwickelte sich vielmehr in einem komplexen Wechselverhältnis von technologischen Innovationen, dem Wandel von Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik sowie gegenkulturellen Strömungen. In seiner zeithistorischen Studie analysiert Matthias Röhr diesen durchwachsenen Verlauf und zeigt auf, wie die Bundespost in den 1970er und 1980er Jahren mit Bildschirmtext und ISDN auf diese Entwicklung reagierte, und warum Hackerbkulturen als Reaktion hierauf für ein »Menschenrecht auf freien Datenaustausch« eintraten.