„Schreibforschung, interdisziplinär“

Meinungen Rezensionen Literatur

Susanne Knaller, Doris Pany-Habsa, Martina Scholger (Hg.)
Praxis – Prozess – Produkt

NEU im August 2020

ISBN 978-3-8376-4961-1 / E-Book:PDF ISBN 978-3-8394-4961-5

Zur Entstehung und zum Umfeld der Autoren dieses Bandes.

[transcript-verlag]:

„Um bestehende und mögliche Interdisziplinarität ausloten zu können, organisierte die Grazer »Plattform Schreiben« am 28. und 29.11.2018 an der Karl-Franzens-Universität eine internationale Fachtagung mit dem Titel »Schreibforschung interdisziplinär«. Das Ziel dieser Veranstaltung war es, schreibtheoretische Modelle aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenzuführen und auf produktive Gemeinsamkeiten im Hinblick auf Funktions- und Objektbereiche zu befragen. Dabei ging es vor allem darum, die jeweils eigenen Ansätze vorzustellen und die Relevanz der daraus resultierenden Ergebnisse für andere Fächer zu diskutieren.“
„Mit dem vorliegenden Sammelband werden die in den Vorträgen und Diskussionen dargestellten disziplinären Kongruenzen, Divergenzen und Potentiale weiter verdeutlicht, ergänzt durch neue Beiträge.“ (10)
„Der Schwerpunkt des Sammelbandes liegt somit auf einem theoretischen Erkenntniszugewinn nicht nur für die jeweils eigene Disziplin, sondern auch für andere Fachbereiche, und eröffnet damit die Frage nach dem Transfer und der Anwendbarkeit der jeweiligen Modelle in der Forschungs- und Vermittlungspraxis.“ (10..11) [transcript-verlag]


Rezension:

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die sich jeweils mit grundsätzlichen Gedanken, den einzelnen Bereichen der Schreibforschung, den Inhalten und der aus den Untersuchungen resultierenden Erkenntnisse an den teilnehmenden Instituten in dichter Beschreibung, in konzentrierter Fassung befassen.

Der erste Teil „Theorie und Praxis“ mit sechs Beiträgen.
Der erste Beitrag vom Wissenschaftsforscher Christoph Hoffmann beschäftigt sich mit Schreibpraktiken im Forschungsprozess. Der zweite Beitrag von der Schreibdidaktikerin Andrea Karsten, betrachtet »Der(n) Schreibprozess als Dialog«. Der dritte Beitrag von Sabine Dengscherz ist im Forschungsbereich Schreiben in der Mehrsprachigkeit angesiedelt. Der vierte Beitrag von die Fachdidaktikerin Elke Höfler »Digitale Bild-Text-Konstrukte« behandelt das Schreiben multicodal und symmedial« und stellt Überlegungen zum Schreiben im Web 2.0 an. Der fünfte Beitrag von Doris Pany-Habsa widmet sich aus einer schreibdidaktischen Perspektive der Frage nach dem Ineinandergreifen von kognitiven, affektiven und sozialen Momenten beim wissenschaftlichen Schreiben. Der sechste Beitrag von Susanne Knaller mit der Theorie und Praxis vom »Schreiben und Emotion« bietet Vorschläge für ein literaturwissenschaftliches Modell.

Der zweite Teil zu „Assemblagen und Schreibszene“ mit drei Beiträgen.
Der erste Beitrag von Cornelia Ortlieb entwirft »Korrespondenzen mit Objekten. Liebesbriefe und ›sprechende Dinge‹ bei Goethe und Mallarmé« eine Literaturgeschichte der Objekte, die sich sowohl der Schrift als auch der sie begleitenden Gegenstände als untrennbares Ensemble widmet. Im zweiten Beitrag »Seelenorte«. widmet sich Daniel Ehrmann den Praktiken poetischen Schreibens als »Literarische Produktion zwischen schreibenden Köpfen und denkenden Händen«. Im dritten Beitrag widmet sich Harro Müller zunächst in seinem zunächst von einer literaturwissenschaftlichen Perspektive ausgehenden Beitrag der Schreibszene von Georg Simmel, seinem Schreibfeld und seinem Schreib- und Argumentationsverfahren.

Der dritte Teil mit vier Beiträgen zu „Textformationen und Konstellationen“
Im ersten Beitrag, »Auf der Suche nach der Essenz des literarischen Satzes« bestimmt der Literaturwissenschaftler und Autor Christian Schärf in seinem Beitrag jene Parameter, die literarisches von nichtliterarischem Schreiben unterscheiden. Der zweite Beitrag von Doris Pichler befasst sich mit »Recht gerecht schreiben? Die Ambivalenz der Recht-Schreibung in den Protokollen Albert Drachs« aus einer literaturwissenschaftlichen Perspektive mit der Textsorte ›Protokoll‹ als verbindendes Element zwischen Rede und Schrift im Recht. Im dritten Beitrag: »Eine digitale Spurensuche« widmet sich Martina Scholger aus Sicht der Digitalen Geisteswissenschaften dem Notizbuch als Ideenspeicher künstlerischer Werkkonzeption und betrachtet es als eigenständiges Metakunstwerk auf ästhetisch-materieller, konzeptionell-inhaltlicher und dokumentarischer Ebene. Der vierte Beitrag schließt den Teil ab, mit »Das Schreiben von und über Tanz. Schrift-Bewegungs-Relationen in zeitgenössischen Tanztexten« von Rita Rieger.

Der Sammelband bietet einen vielseitigen Einblick in das Wesen literarischer Arbeiten, die Arbeitsweisen für die Erforschung und Bewertung literarischer Texte und weiterhin Einblick in die Arbeitsweisen, die Hintergründe, die Zusammenhänge mit den Ansichten der Autoren und dem Ermitteln, dem Hervorheben und der Dokumentation der Arbeiten. Es werden Fragen gestellt (… und weitgehend beantwortet!), über die Beweggründe des Autors zur Erarbeitung dieser Texte, zum Lebenshintergrund und zum Umfeld der Autoren und zu den zeitlichen Bezügen bei der Entstehung dieser Arbeiten. Es wird die grundsätzliche Frage gestellt, was ist ein Autor, woher schöpft er seine Erkenntnisse, die er zu Papier bringt und in welcher Umgebung und mit welcher Motivation entstehen seine Texte.

Daneben wird über die materiellen und auch die technologischen Grundlagen der Texte und deren Veröffentlichung, z.B. als immaterielles Produkt im Web und ebenso über die klassische Herstellung als Papier zwischen Buchdeckeln berichtet. Es geht um die Fragen des Vertriebs, d.h. auch der Akzeptanz und der Wahrnehmung durch das Lesepublikum, um Rezeption und Lesen und um die Nachhaltigkeit oder das Vergessen der Werke.

Das Buch kann dem Forschenden in diesem Bereich, ebenso wie dem „Produzenten“ und dem „Verbraucher“ von Literatur interessante Einblicke in die Bereiche der Entstehung und des Umfelds von Literatur geben, ebenso auch als Information und Inspiration für die eigene Arbeit und über Disziplin- und Sprachgrenzen hinweg hilfreiche Dienste leisten.

Peter Dahms [Dahms-Projekt.de/wordpress/ ]


… aus der Verlagsankündigung:

„Schreiben ist eine der wichtigsten menschlichen Kulturtechniken und beeinflusst maßgeblich die sozialen, kulturellen, politischen und ökonomischen Möglichkeiten des modernen Menschen. Dem Thema »Schreiben« in seinen unterschiedlichsten Facetten – als Praxis, Prozess, Produkt – muss daher zwingend interdisziplinär begegnet werden. Die Beiträge des Sammelbandes führen schreibtheoretische Modelle aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen und zeigen produktive Schnittstellen für Theorie und Praxis auf. Neben theoretischen und methodologischen Fragestellungen thematisieren sie auch die unterschiedlichen Textformen und Schreibsituationen, die im Fokus der einzelnen Fachbereiche und Disziplinen stehen.“

Susanne Knaller (Prof. Dr. phil.) lehrt Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Kulturwissenschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz und ist Leiterin des dortigen Zentrums für Kulturwissenschaften. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Theorien und Geschichte von Authentizität, Realitätskonzepte in der Moderne sowie
Schreib- und Emotionsforschung.

Doris Pany-Habsa (Dr. phil.) leitet das Schreibzentrum der Karl-Franzens-Universität Graz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind wissenschaftliches Schreiben, Schreibdidaktik  und Schreibpraktiken an Hochschulen.

Martina Scholger (Dr. phil.) ist Senior Scientist am Zentrum für Informationsmodellierung – Austrian Centre for Digital Humanities an der Karl-Franzens-Universität Graz.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind Digitale Edition, Datenmodellierung und Semantic-Web-Technologien.