PREMIERE „Die Meistersinger von Nürnberg“

Allgemein Besuchsberichte OPER Meinungen

von Richard Wagner (1813 – 1883)

Besuch der Premiere am 12.Juni 2022 in der Deutschen Oper Berlin

Oper in drei Aufzügen, Libretto vom Komponisten – Uraufführung am 21. Juni 1868 am Königlichen Hof- und Nationaltheater München – Dauer 5 Stunden 30 Minuten / Zwei Pausen – In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln.
Weitere Vorstellungen: am 6., 10., 14. Mai sowie 4. und 11. Juni 2022

Premierenbesetzung:
Musikalische Leitung Markus Stenz, John Fiore (26.06.2022 | 09.07.2022) – Inszenierung Jossi Wieler, Anna Viebrock, Sergio Morabito – Ko-Bühnenbildner Torsten Köpf – Ko-Kostümbildnerin Charlotte Pistorius – Licht Olaf Freese – Dramaturgie Sebastian Hanusa – Chöre Jeremy Bines – u.w.

Mit:
Hans Sachs: Johan Reuter – Veit Pogner: Albert Pesendorfer – Kunz Vogelgesang: Gideon Poppe – Konrad Nachtigall: Simon Pauly  – Sixtus Beckmesser: Philipp Jekal  – Fritz Kothner: Thomas Lehman – Balthasar Zorn: Jörg Schörner – Ulrich Eißlinger: Clemens Bieber – Augustin Moser: Burkhard Ulrich – Hermann Ortel: Stephen Bronk
u.w.

Zum Inhalt:

„Populär wie kaum ein anderes Bühnenwerk Richard Wagners sind DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG geliebt und gehasst zugleich. Das Stück verbindet eine heiter-fassliche Komödienhandlung mit sommernachtstrunkenem Spiel um Wahn und Wirklichkeit der Liebe, erhebt aber zugleich den Anspruch eines Gründungsmanifests deutschnationaler Kunst und ist damit in seiner Rezeption historisch belastet wie kaum ein anderes Werk Richard Wagners. Zugleich und an allererster Stelle sind DIE MEISTERSINGER jedoch ein Stück über die Musik und das Musikmachen. ….“

„ …..Die Musik ist der zentrale Lebensinhalt für nahezu alle Figuren des Stückes. Ihr zu dienen und sie zu pflegen ist der Zweck der „Meistersingerzunft“, die sich hierzu ein strenges wie anspruchsvolles Regelwerk gegeben hat. Der Dienst an der Musik bestimmt damit auch das Leben von David und Magdalena, der Lehrbuben und Mädchen und ganz besonders das von Eva, der Tochter des reichen Veit Pogner. Dieser stellt ihr die Wahl des Bräutigams frei – unter einer Bedingung: „ein Meister muss es sein“, der Sieger eines öffentlichen Wettsingens. Und so lässt sich auch, aus Liebe zu Eva, mit Walther von Stolzing der einzige, wenngleich musisch hochbegabte „Nichtmusiker“ des Bühnenpersonals auf ebendieses ein. Er findet Hilfe ausgerechnet bei Hans Sachs. Der ist „Meister“ und zugleich Reformer jener Kunstwelt – und ebenfalls verliebt in Eva.“
[Deutsche Oper Berlin]

Besuchsbericht:

© Thomas Aurin

Der erste Aufzug, das Bühnenbild zeigt ein beliebiges Konservatorium nicht irgendwo, sondern nachempfunden dem ehemaliger „Führerbau“, in München, in dem heute eine Musikhochschule ihren Sitz hat, welch ein Zufall. Das Bühnenbild ändert sich nicht wesentlich im Laufe der Aufzüge, sondern wird nur etwas dem Opernablauf angepasst. Der Begin des ersten Aufzugs scheint mehr einem Bordell nachempfunden zu sein. Alle Darsteller gehen temperamentvoll ihren Sexspielchen nach. Aber das löst sich auf und man kommt zum eigentlichen Thema, der Zukunft des Instituts des Patriarchen Veit Pogner. Seine Ziele will er durch eine Verbindung mit ein ihm genehmen Ehemann für seine Tochter Eva erreichen. Die ist aber leider ohne sein Wissen bereits liiert mit dem am Institut angestellten Musiktherapeuten Hans Sachs. Daraus ergibt sich nun die ablaufende dramatische Story.

Die ganze Geschichte spielt aber nicht in der Zeit des 16. Jahrhunderts in Nürnberg, noch hat sie die Ideen der damaligen Zünfte und ihre Deutschtümelei zum Thema. Das gibt der Handlung viele Freiheiten in der Auslegung der Vorlage, nur die „lokalen“ Zusammenhänge und Abläufe bleiben erhalten.

© Thomas Aurin

Durch eine „übermütige“ Auslegung „wagnerscher Quellen“ kommt es dann auch nach dem zweiten Aufzug zu lautstarken Buhrufen für die Inszenierung.

Der dritte Aufzug kommt nun zum Kernthema, die Auswahl des gewünschten Partners für die Tochter Eva des Patriarchen Vogler als Sieger eines Gesangswettbewerbs und die Intrigen, die gesponnen werden, um den gewünschten Anwärter zum Gewinner und damit zum Schwiegersohn und Nachfolger zu küren. Durch einige Manipulationen des Ablauf und der Kompetenz der Kontrahenten wird der Favorit Evas, der verarmte Adlige und Neue im Konservatorium Walther von Stolzing und damit aber auch kein Meistersänger als Sieger gekürt. Veit Pogner erkennt den Sieger an und gratuliert ihm zu seinem Sieg. Gleichzeitig ernennt er ihn damit auch zum Meistersänger. Den Titel lehnt er ab, ein großes Getöse ist das Echo der Anwesenden. „ … Verehret und Verachtet mir den Deutschen Meister nicht!“ von Hans Sachs. Das verursacht einen Eklat und wilde Beschimpfungen.

Der dritte Aufzug wird mit großem Applaus gefeiert und ebenso das ganze Sängerteam, nur das Inszenierungsteam bekommt noch einige Buhrufe zum Schluss. Einen besonderen Applaus bekommt auch das Orchester und sein Leiter und Dirigent Markus Stenz.

Das war eine Aufführung, bei der man irgendwie auch einen größeren Aufführungsort erwartet hätte, aber die Deutsche Oper Berlin ist ein würdiger Ort für eine Wagnerinszenierung dieser Art.

© Thomas Aurin

Peter Dahms [OpernInfo-Berlin]

Titelfoto © Thomas Aurin
Weitere Fotos © Thomas Aurin