Digital Culture & Society

Rezensionen Literatur

Digital Culture & Society (DCS)

Ramón Reichert, Annika Richterich, Pablo Abend, Mathias Fuchs, Karin Wenz (eds.)

Vol. 3, Issue 2/2017 – Mobile Digital Practices
(alle Beiträge durchgehend in Englisch)
vom December 2017, ca. 200 p., 29,99 €,
ISSN 2364-2114
eISSN 2364-2122
Print-ISBN 978-3-8376-3821-9
PDF-ISBN 978-3-8394-3821-3
Aus dem [transcript-verlag]


REZENSION:

»Digital Culture & Society« erscheint im vierten Jahr seit Herbst 2015 im Zeitschriftenformat, durchgehend in englischer Sprache, mit bisher sechs Ausgaben. Dies ist die fünfte Ausgabe aus dieser Reihe. Die Zeitschrift wird von den Herausgebern beschrieben als:
„…is a refereed, international journal, fostering discussion about the ways in which digital technologies, platforms and applications reconfigure daily lives and practices. It offers a forum for critical analysis and inquiries into digital media theory and provides a publication
environment for interdisciplinary research approaches, contemporary theory developments and methodological innovation …“

Der vorliegende Band befasst sich mit dem Thema der Mobilität digitaler Systeme und den Menschen, die sich darin bewegen oder davon bewegt werden. Der Band umfasst insgesamt vierzehn Beiträge, nach der Einführung (Introduction), gegliedert in drei Gruppen: I Field Research and Case Studies, II Entering the Field und III In Conversation with …

In der Einführung wird versucht, die Begriffe Mobile, Digital und Praktiken in ihrem Miteinander zu entwirren. Was ist für die Eigenschaft der Mobilität in diesem Zusammenhang entscheidend, ist es die Ortsungebundenheit von digitalen Praktiken, die die Art mit Ihnen umzugehen begründet. Muss Mobil-Digital online sein oder kann Mobil-Digital auch offline sein. Muss andererseits Mobil auch Digital sein oder kann Mobil auch Analog sein. Was ist dabei entscheidend, wie sich die Praktiken in diesem Bereich entwickeln. Viele Fragen, die in den Beiträgen aus verschiedenen Untersuchungen, Beobachtungen und Praktiken geklärt werden sollen. Dazu versammeln sich in diesem Zeitschriftband vierzehn Beiträge, die aus verschiedenen Kulturen und Ländern berichten, wie die Menschen mit den verschiedenen Medien, den Strukturen und den angebotenen Diensten des Digital-Mobilen umgehen, wie sie sie benutzen und wie sie sie ihren Bedürfnissen und Erwartungen entsprechend in ihrem täglichen Leben benutzen und einbinden. Hier einige Bemerkungen in einer Auswahl aus den Beiträgen.

So berichtet schon der erste Beitrag im Teil I, Field Research and Case Studies von den Inseln von Solomon, The MicroSDs of Solomon Islands – An Offline Remittance Economy of Digital Multi-Media by Geoffrey Hobbis, unter dem Stichwort. ‚Kleines Dorf und große Daten‘, wie die Bewohner ihre Smartphons auf eine völlig unerwartete, aber sehr praktische Art benutzen und wegen fehlender, sehr teurer und auch unzuverlässiger Kommunikationsdienste Micro-Speicherkarten als Kommunikationsmittel benutzen, mit denen sie ihre online erhaltenen Daten und Anwendungen von einem Mobilgerät auf andere Mobilgeräte übertragen, also offline Digitales teilen.

Ein weiterer Beitrag, So ‘Hot’ Right Now – Reflections on Virality and Sociality from Transnational Digital China by Jamie Coates berichtet über die Entwicklung der mobilen Kommunikation im Umfeld einer Kultur, die unter den Zwängen staatlicher Zensur und Bevormundung durch einen allmächtigen Staat ihre Kommunikation Praktiken entwickelt. Unter welchen Bedingungen sich Information und Kommunikation verbreitet gegen diese Widerstände und welche Mittel diese tragen. Er vergleicht diese Entwicklung mit einer viralen Epidemie und steigendem Feuer von Begeisterung unter den Beteiligten.

Der Beitrag, Twitter in Place – Examining Seoul’s Gwanghwamun Plaza through Social Media Activism by Samuel Gerald Collins berichtet aus Süd-Korea, wie mobile digitale Medien innerhalb öffentlicher Orte, hier besonders mit Twitter zu gesellschaftlichen Protest und zur Kommunikation unter gesellschaftlichen Gruppen genutzt werden und die politischen Erfolge, die damit erzielt werden können. Der Beitrag zeigt auch die Verwendungsmöglichkeiten, wie die Kommunikationspartner und deren Kommunikationsverbindungen mit Hilfe von Datenanalysetools aus den Twitter-Daten visualisiert werden, können um deren Beziehungen zu dokumentieren.

Weitere Beiträge berichten über Themen, wie Screen Screen Tourism by Marion Schulze,
Analysing Practices of Visual Communication on Social Media by Maria Schreiber,
An Empirical Study of Visual Practices on Instagram by Elisa Serafnelli and Mikko Villi und ‘Re-appropriating’ Facebook? – Web API mashups as Collective Cultural Practice by Stefan Werning .

Während Teil I sich mit Beispielen von Kommunikationspraktiken in der Feldforschung und mit der Analyse von Fallstudien befasst, geht der Teil II Entering the Field, direkt in die Praxis mit Beiträgen zu Situating Hobby Drone Practices by Julia M. Hildebrand, A Reflection on Studying Mobile Media Practices of Digital Subalterns in India by Rashmi M. und Mad Practices and Mobilities – Bringing Voices to Digital Ethnography by Cherry Baylosis, um sich zum Schluss auch der Arbeit der Entwickler und Vermarkter Mobiler Digitaler Medien mit; An Experimental Autoethnography of Mobile Freelancing by Nadia Hakim Fernández zuzuwenden.

Die Zeitschrift schließt mit Teil III In Conversation with …
The Practice of Practice by Heather Horst, David Morley and Noel B. Salazar in conversation with Roger Norum, in dem über die Diskussionen berichtet wird, die sich während eines Workshops an der Kölner Universität im September 2017 ‚Anthropologies of Medias und Mobility: Theorizing Movements and Circulations across Entangled Fields‘ unter den Teilnehmern, die in den besprochenen Themenbereichen forschen, sich entwickelten.Diese Zeitschrift zeigt mit den hier veröffentlichen Beiträgen ein weites Gebiet der Anwendungen Mobiler Digitaler Medien, die nicht immer mobil, insgesamt nicht unbedingt digital und nicht immer medial verwendet werden, wie es von den Entwicklern projektiert wurde. Es zeigt, wie die Anwender dieser Techniken Praktiken entwickelt haben, die ihre speziellen kulturellen Besonderheiten und ihre Lebensumstände zu ihrem Vorteil entwickeln und weiter entwickeln.

Eine interessante Sammlung von Beiträgen, die völlig neue Einblicke in dieses Thema ermöglichen und zeigen wie groß und wie einflussreich diese Medien und Methoden heute schon sind und sich laufend in neue Anwendungen und Gesellschaften ausbreiten.Trotz der Fülle interessanter Beiträge aus verschiedenen Ländern und Kulturen sollte auch von Fall zu Fall, auch im Hinblick auf immer intensiverer Diskussionen unter den Anwendern und Anbietern von Mobilen Digitalen Medien, Geräten und Diensten auch über Themen wie Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit von angebotenen Kommunikationsdiensten berichtet werden.

Peter Dahms [OpernInfo-Berlin.de / Dahms-Projekt.de]