„EUROPERA“

Rezensionen Literatur

Dorothea Lübbe
Europera. Zeitgenössisches Musiktheater in Deutschland und Frankreich
Perspektiven auf künstlerische Innovation und Kulturpolitik

PRINT 3/2019, 282 Seiten kart., 6 SW-Abbildungen, 17 Farbabbildungen
ISBN 978-3-8376-4632-0
E-Book (PDF), ISBN 978-3-8394-4632-4

Aus der Reihe ‚Theater‘ vom [transcript-verlag]

REZENSION:

Die Autorin veröffentlicht mit diesem Buch ihre Forschungsarbeit, die als Dissertation angenommen wurde und als erstes Kapitel, die Beurteilung der Arbeit des Vorsitzenden des Promotionskollegs in der Form eines ‚Geleitwort’s enthält. Danach folgt die Einleitung, in der sie, ausgehend von der Schwierigkeit der Themabegrenzung, worüber reden wir? Sprechtheater, Tanztheater, Musiktheater und über die getroffene Auswahl der Beispiele für die Fallanalysen und die Unterschiede der Institution Musiktheater in Deutschland und in Frankreich betrachtet.
Die historische Entwicklung unter den Einflüssen der Kulturpolitik, der oftmals prekären und monetären Einflüsse und Einschränkungen sowie auch der gerade herrschenden Ideologien in der Zeit und der Gesellschaft werden thematisiert. Etwas befremdlich erscheinen die Schlussfolgerungen der Autorin, dass die Entwicklung des Theaters in Deutschland für die Zeit nach 1945 in der Art erfolgte, als ob es von da an immer nur eine einheitliche „deutsche Kulturpolitik“ gab und die ganz unterschiedlichen Ziele und Ausbildungen der Kulturpolitik mit ihren Einflüssen in den über 40 Jahren der DDR dort nicht gab.
Die Beurteilung der ausgewählten Fallbeispiele von Theater-Projekten und -Institutionen erfolgte über die zwei Kriterien, der Zeitgenossenschaft und der Innovation im Spielplan. Die Arbeit gewinnt durch die ausführlichen Fallbeispiele, die den größten Teil des Buches füllen. Daraus gewinnt man mehr Informationen, als die einführenden Kapitel bieten. Es wäre auch hilfreich, wenn nicht nur auf weitere Interviews im Besitz der Autorin hingewiesen wird, sondern auch kurze Inhalte oder Ergebnisse aus diesen Interviews als Ergänzung, vielleicht nur in Stichworten aufgenommen worden wären. Zur Abschätzung der Probleme unter denen sich die entsprechenden Einrichtungen, Initiativen und die aktiv Ausführenden befinden und wie sie damit umgehen ist diese Arbeit sehr informativ. Sie ist hilfreich in der Art, dass jede Seite voneinander lernen kann nicht nur ihre eigenen Probleme zu lösen sondern auch zu gemeinsamen Lösungen beizutragen. Überlagert ist diese ausführliche vergleichende Untersuchung von einer massiven Kritik gegen die immer noch großzügige finanzielle Ausstattung der angeblich „sterbenden“ Institution der Oper gegenüber der hier beschriebenen aktiven, innovativen Arbeit der freien Musiktheater durch die Kulturpolitik in beiden Ländern.
Aufgrund der ausgewählten, ausführlich dokumentierten Fallbeispiele aus Deutschland und Frankreich, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, lässt sich die Situation und die Entwicklung in diesen beiden Länder sehr gut vergleichen. Sie beschreiben wie die jeweils aktiven Kreise der Kulturschaffenden in beiden Ländern beim Umgang und unter der mehr oder weniger realen Wertschätzung durch die Kulturpolitik ihre Projekte entwickeln und durchführen und immer wieder neue Lösungen für eigene Projekte finden.

Peter Dahms [OpernInfo-Berlin.de / Dahms-Projekt.de]